Die Wahrheit wird ans Licht kommen
Ein Kommentar zum Jahrestag der Hausdurchsuchung der Staatsanwaltschaft Oldenburg am 8. Dezember 2021.
Das Recht hat vor allem die Aufgabe, den Bürger vor dem Staat zu schützen oder zwischen den Bürgern, in Rechtsstreitigkeiten untereinander, zu vermitteln und eine faire, möglichst gerechte Lösung in einem Streit herbeizuführen. Es hat also vor allem einen streitschlichtenden, ausgleichenden Charakter.
Greift der Staat ins Wirtschaftsleben ein und macht einen Schaden geltend, der noch nicht entstanden ist, so spricht man von einem "Gefährdungsschaden". Hierbei muss gründlich gearbeitet werden, die Behörde muss bestens vorbereitet sein, Geschäftsmodelle und Zusammenhänge zweifelsfrei verstehen und beurteilen können. Das ist schier unmöglich und im Fall der Deutschen Lichtmiete ersetzt worden durch fahrlässigen (oder vorsätzlichen?) Dilettantismus.
Im Fall der Deutschen Lichtmiete gab es bis zum Eingreifen der Staatsanwaltschaft Oldenburg keinen Schaden. Alle Verpflichtungen wurden immer pünktlich erfüllt. Alle Gesellschaften der Deutsche Lichtmiete Gruppe hatten eine hervorragende Bonität und entsprechende Auskünfte und sämtliche Bankkonten wurden auf Guthabenbasis geführt. Der vermutete Schaden wurde erst durch das unverhältnismäßig harte Eingreifen der Staatsgewalt verursacht.
Selbst wenn die Staatsanwaltschaft Oldenburg anständig vorbereitet gewesen wäre - was sie zweifelsohne nicht war - wäre es kaum möglich gewesen, von Aussen und freihändig aus der Ferne eine seriöse Beurteilung der Deutschen Lichtmiete Gruppe vorzunehmen. Als das Bundesverfassungsgericht den Gefährdungsschaden für grundsätzlich verfassungskonform erklärte, ist ihm nicht verborgen geblieben, dass Voraussagen über zukünftige Zahlungsströme ein schwieriges Geschäft sein können.
„Empirisch gesicherte Prognosen sind, wenn man die Standards der dafür zuständigen Wissenschaften zugrunde legen würde, fast immer unmöglich.“ (Luhmann)
Auch das Dilemma, mit dem sich das Recht konfrontiert sieht, sobald es bei seinen Entscheidungen auf Prognosen angewiesen ist, hat Luhmann prägnant auf den Punkt gebracht:
„Die Wissenschaft hilft sich mit (korrigierbaren) Prognosen, das Recht dagegen mit (unkorrigierbaren) Entscheidungen.“
Rund 20 Mio. Euro wurden am 8. Dezember 2021 arrestiert. Großteile dieser Mittel sind nun nicht mehr vorhanden und dienen nicht - wie von der Staatsanwaltschaft Oldenburg angeblich beabsichtigt - dem Schutz der Gläubiger sondern der Bereicherung von Insolvenzverwalter, seinen diversen Beratern und korrupten Akteuren, die sich ungeniert an den Vermögensgegenständen Fremder bedienen.
Dem Insolvenzverwalter wurde ein geradezu allmächtiger Status zugewiesen. Was von dort kommt gilt als gesetzt und wird nicht angezweifelt. Das kritisiere ich. Das Vorgehen des Insolvenzverwalters im Fall der Deutschen Lichtmiete zeugt von Hilflosigkeit, Überforderung und eingeschränkter Auffassungsgabe. Dazu gesellen sich Kumpanei und Günstlingswirtschaft.
Warum wurde die Fortführung nicht geprüft?
Es wurde eine Richtung eingeschlagen, die sowohl der Staatsanwaltschaft Oldenburg als auch dem Insolvenzverwalter und seinen Verbündeten sehr gelegen kam. Hier hat sich eine Interessengemeinschaft gebildet mit einem gemeinsamen Ziel: Die Deutsche Lichtmiete endgültig zu zerstören, um möglichst gut aus der Sache rauszukommen.
Das Ergebnis ist nun eine kaputte Deutsche Lichtmiete, ein chaotisches Insolvenzverfahren, ein Verkaufsprozess mit vielen Fragezeichen, ein neuer Eigentümer, der Mietkunden und Investoren täuscht, Eigentums- und Markenrechte missachtet, Kapitalvermittlern droht, Mitarbeiter einschüchtert, kein Neugeschäft generiert und nur noch abwickelt, um Kasse zu machen. Das Ergebnis ist die Vernichtung von 400 Mio. Euro, die Zerstörung von rund 100 Arbeitsplätzen und der Verlust eines wichtigen Unternehmens, welches Deutschland in dieser schwierigen Zeit schnellstens hätte energieeffiziener machen können. Alles kaputt.
Auch wenn die kollusiv zusammenwirkende Interessengemeinschaft alles daran setzt, alle anderen "hinters Licht" zu führen, so wird die Wahrheit doch irgendwann "ans Licht" kommen. Das glaube ich ganz fest.
Ich vertraue nach wie vor auf die deutsche Justiz. Nicht auf die Unvoreingenommenheit oder etwa auf die Kompetenz der Staatsanwaltschaft Oldenburg, die eigentlich bemüht sein sollte, sowohl Be- als auch Entlastendes gleichermaßen zu würdigen. Ganz sicher nicht darauf. Aber ich vertraue auf die deutsche Gerichtsbarkeit. Nach wie vor.
Justizia ist ja nicht zufällig mit einer Augenbinde versehen und damit "blind", denn sie soll sich eben nicht durch einen äußeren Schein blenden und beeinflussen lassen.
"Nur die Lüge braucht die Stütze der Staatsgewalt. Die Wahrheit kann von alleine aufrecht stehen." Thomas Jefferson (1743 - 1826)
Alexander Hahn am 8. Dezember 2022